Mit 29 Jahren erkrankte ich an einem schweren Erschöpfungssyndrom und war arbeitsunfähig.
Die tiefe Erschöpfung war eine glückliche Fügung, weil ich – notgedrungen – eine körperorientierte Psychotherapie begann und nun – weil jemand freundliches Interesse an mir zeigte, die Angst vor dem Hinschauen langsam überwinden konnte.
Alte Überzeugungen wie:
„Ich schaff das nicht”
„Ich bin nicht richtig”
„Ich bin unwichtig”
„Ich bin zu viel”
waren Denkmuster in mir, die mir völlig unbekannt waren. Ich spürte auch die Angst vor dem Versagen nicht. Ich stand ständig unter Druck, ich müsste perfekte Ergebnisse abliefern und hetzte getrieben durch die Woche.
Die Zuwendung meiner Therapeutin gab mir Halt und erregte mein Misstrauen, weil ich ihr nicht glauben wollte. Ganz vorsichtig begann ich, mich weniger zu kritisieren und langsam zu verstehen, dass Druck und innerer Antreiber mir ermöglicht hatten, einen Beruf zu lernen und im Arbeitsleben zu stehen.
Ich überforderte mich weiter, doch gleichzeitig bemerkte ich meine Erwartung, ich würde die Aufgabe nicht schaffen.
Bioenergetische Körperarbeit half mir, Spannungen loszulassen. Hier werden Muskelgruppen durch Körperhaltungen in Überforderung gebracht. Die Muskeln entlassen diese Überspannung durch Zittern. Dem nachzugeben war zunächst fremd und erschreckend; sobald sich ein Wohlbefinden meines entlasteten Körpers einstellte und ich Frustration und Stress raus schreien durfte und sollte, konnte ich die Konvention, wie ein nettes Mädchen sein sollte, lockern.
Ich spürte, dass die alten Glaubenssätze meine Atmung beengten, Nacken- und Rückenmuskulatur anspannten und meine Beine steif machten. Bis heute mache ich am besten morgens eine Reihe von bioenergetischen Körperübungen und genieße das tiefe Atmen und den weiteren Raum in mir.
Als ich längst keine Therapie mehr brauchte, meldete sich mein verletztes Kind mit Gefühlen wie Einsamkeit, Schmerz, Verlassenheit und tiefer Resignation.
Ich war jetzt stark, konnte die mächtigen Gefühlsenergien, die aus dem Bauch aufstiegen, körperlich/seelisch aushalten und vor allem Distanz dazu herstellen. Die Gefühle waren nicht „ Ich”, nur Gefühle, die ich beobachtete, deren Orte im Körper ich erspürte und annahm, um sie über liebevolles Annehmen zu verwandeln.
Die Erfahrung, dass ich alte begrenzende Gedanken ins Bewusstsein heben und in liebevoller Annahme und durch die Entlastung des Körpers in Lebensbejahung verwandeln konnte, leitet mein Menschenbild und meine therapeutische Arbeit. Ich weiß, dass ich Erlebnisse meiner frühen Jugend in meinem kindlichen Bewusstsein zu einer Lebenseinstellung gemacht hatte, die sich über Selbsteinschränkung ausdrückte.
Die Gewissheit, dass wir einschränkende Lebenseinstellungen durch Bewusstwerden und Liebe auflösen können,
schenkt mir Vertrauen in Menschen und in das Leben und lässt mich Wertschätzung
und Dankbarkeit für das Gute empfinden, das wir haben und das uns umgibt.